Borneo: Briefe einer Weltreise Teil 5

Borneo
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29.01.1997
Agra – Indien

Ich habe mich lange nicht mehr gemeldet, denn nach fast drei Monaten reisen durch Indochina war ich ziemlich erschöpft. Ich habe mich auf die Insel  Borneo zurückgezogen und wollte nichts mehr hören und sehen. Jetzt habe ich wieder Kräfte für die neue Herausforderung „Indien“ gesammelt.

Aber von vorne: Ich bin mit meiner australischen Freundin durch ganz Vietnam gereist und irgendwann in Saigon angekommen. Da ich bis Indien noch 2 Wochen Zeit hatte und auf gar keinen Fall nach Thailand zurück wollte, habe ich mich für einen Flug nach Borneo entschieden. Kota Kinabalu liegt im Norden von Borneo. Malaysia ist das westlichste und modernste Land Asiens, das ich bis hier her gesehen habe und es tat gut, wieder einmal den gewohnten Komfort, sprich Supermärkte und Pizza genießen zu können. Außerdem gibt es dort ein paar Sehenswürdigkeiten, die mich sehr interessierten. Z. B. eine berühmte Orang Utan Aufzuchtstation, Korallenriffe, den höchsten Berg zwischen Himalaya und Neu Guinea, Inseln, wo Meeresschildkröten ihre Eier ablegen und vieles mehr.

In den ersten Tagen habe ich Tagesausflüge zu Nationalparks und zum Schnorcheln gemacht. Dann bin ich mit dem Bus auf die andere Seite von Borneo zu den Orang Utangs gefahren. Dort bin ich in einem Guesthouse gelandet, das im bekanntesten aller Backpack-Reiseführer, dem Lonely Planet – sozusagen der Bibel der Rucksacktouristen, zwar als „basic“ aber als sehr empfehlenswert angepriesen wurde. Das war der Supergau. Der schrecklichste Platz an dem ich je war. Nachts bin ich aufgewacht, weil unzählige Ratten im Zimmer waren. Ich musste so dringend pinkeln und habe mich nicht getraut aufzustehen, weil ich Angst hatte, auf eine drauf zu treten. Am nächsten Tag bin ich unendlich genervt, fluchtartig abgereist.

Diese Art zu reisen kann sehr anstrengend sein, weil man eben nie weiß, was kommt. Dauernd muss man sich umhören, wo man hingehen kann, wo man unterkommt und wann und wo ein Bus geht. Oft wird man angelogen oder für dumm verkauft und dann steht man da, mitten in der Pampa und kann sehen, wie man weiterkommt. Man muss lernen zu unterscheiden, wem man trauen kann und wer es nur auf das Geld abgesehen hat. In Asien wird man ständig angesprochen und muss sich gegen alle möglichen Angebote wehren. Nach dieser Nacht hatte ich die Nase gründlich voll davon. Ich hatte einfach keine Kraft und Lust mehr dazu und wollte nur noch ein Plätzchen finden, wo ich mich ein wenig erholen kann.

Und wie es der Zufall will, hat mich im Bus zu den Orang Utangs eine sehr sympathische Frau mit einer gar nicht aufdringlichen Art angesprochen und mir Ihr Guesthouse mitten im Regenwald empfohlen. Zuerst war ich sehr misstrauisch. Doch ich hatte auch keine andere Idee und die Frau machte wirklich einen netten Eindruck. Ich war der einzige Gast dort. Dieser ruhige und saubere Platz hat mir so gut gefallen, dass ich über eine Woche dort geblieben bin. Es hat mir so gut getan, das kann ich gar nicht beschreiben. Die ganze Familie hat mich als Mitglied aufgenommen und mir jeden Wunsch von den Augen abgelesen. Als ich wieder abreisen musste haben wir alle geheult.

Und dann kam ich nach Indien. In Delhi bin ich mitten in der Nacht angekommen und musste mir erst mal eine Unterkunft suchen.

Indien ist lange nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt habe. Im Gegenteil. Ich bin begeistert. Nur kalt ist es hier. Ich finde es auch gar nicht so schmutzig wie mir alle vorhergesagt haben. Obwohl, die Toiletten sind schon eine Zumutung. Manche Stellen sind so verdreckt und stinken, dass mir die Augen tränen. Toiletten – sofern überhaupt vorhanden – werden NIE geputzt, sind nicht abschließbar und haben natürlich kein Toilettenpapier. Während der Busfahrten gibt es für Frauen keinerlei Möglichkeit auf die Toilette zu gehen. Nichts für schwache Blasen.

Die Menschen sind, auch wenn sie manchmal ziemlich hartnäckig sind, ziemlich freundlich, hilfsbereit und haben einen netten Humor. Im Vergleich zu Indochina mag ich die Menschen hier und fühle mich wohler.

Ich bin gleich weiter gefahren nach Agra und habe gestern den grandiosen Taj Mahal bewundert. Heute geht es weiter nach Barathpur.

Also lasst Euch versichern, mir geht es gut, ich komme gut zurecht, habe keine Probleme. Es ist nicht so schwer und gefährlich, wie es von weitem aussieht. Allerdings sind Fax-Geräte hier weitgehend unbekannt, so dass Ihr weiterhin auf meine Briefe warten müsst.

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