
Inmitten der Hauptstadtregion Maskats erhebt sich eines der beeindruckendsten Bauwerke Omans: die Große Sultan-Qabus-Moschee. Bereits aus der Ferne zieht sie die Blicke auf sich, wenn man auf der Hauptstraße zwischen Maskat und Sib unterwegs ist. Mit ihrer majestätischen Kuppel, dem überragenden Minarett und der edlen Sandsteinfassade wirkt sie wie ein märchenhafter Palast aus Tausendundeiner Nacht – und das nicht ohne Grund. Die Moschee ist das spirituelle Herzstück des Landes, Symbol für den islamischen Glauben und zugleich ein architektonisches Meisterwerk, das Kunst, Kultur und Religion vereint.
Die Vision zu diesem Bau entstand 1992, als Sultan Qabus – Namensgeber der Moschee – den Entschluss fasste, seinem Land ein religiöses und kulturelles Zentrum zu schenken, das sowohl seine ibaditische Glaubensrichtung als auch die islamische Kultur würdig repräsentieren sollte. Ein exklusiver Architekturwettbewerb wurde ausgeschrieben, aus dem schließlich der Entwurf des Londoner Architekten Mohammed Saleh Makiya in Zusammenarbeit mit Quad Design als Sieger hervorging. Der Bauplatz wurde mit Bedacht gewählt: In al-Ghubra, im Bezirk Bawshar, nicht nur verkehrsgünstig gelegen, sondern auch gut sichtbar für die täglich Tausenden, die an ihr vorbeifahren.
Ab 1995 begannen die Bauarbeiten – auf einem künstlich aufgeschütteten Plateau, wie es der omanischen Tradition entspricht, um der Moschee eine ehrwürdige Erhabenheit zu verleihen. Sechs Jahre lang arbeiteten unzählige Menschen an dem imposanten Sandsteinbau, bis 2001 Sultan Qabus persönlich das fertige Gotteshaus eröffnete. Obwohl die ursprünglichen Baukosten mit rund 33 Millionen Euro beziffert wurden, gehen Experten heute von mehr als dem Doppelten aus.
Wer das Gelände betritt, durchschreitet zuerst ein kunstvoll gestaltetes Südportal, das Besucher mit Koranversen empfängt. Der Blick wird sofort von einer perfekten Sichtachse eingefangen, die direkt auf das 91,5 Meter hohe Hauptminarett zuläuft. Insgesamt fünf Minarette erheben sich über das Areal – eine symbolische Anspielung auf die fünf Säulen des Islams. Rund um die Moschee erstreckt sich ein weitläufiger Komplex: Zwei prachtvolle Bogengänge, sogenannte Riwaqs, durchziehen die Anlage, geschmückt mit Nischen aus Marmor, Mosaik und Keramik, jede einzelne einem spezifischen islamischen Baustil und einer Region zugeordnet.
Die Moschee ist aber nicht nur ein Ort des Gebets, sondern auch ein Ort des Wissens und des Dialogs. Eine großzügige Bibliothek mit rund 20.000 Büchern steht ebenso offen wie das Islamische Informationszentrum, in dem regelmäßig Vorträge über den Islam gehalten werden – nicht selten auf Englisch, um auch westliche Besucher zu erreichen.
Im Herzen des Komplexes befindet sich die gewaltige Männergebetshalle. Schon der Boden birgt ein verborgenes Kunstwerk: ein 4.293 Quadratmeter großer Gebetsteppich, von iranischen Knüpferinnen in aufwendiger Handarbeit gefertigt – einst der größte seiner Art weltweit. Fast drei Jahre und über 1,7 Milliarden Knoten waren nötig, um ihn zu vollenden. Das zentrale Medaillon des Teppichs ist präzise unter die 50 Meter hohe Kuppel ausgerichtet, in deren Mitte ein gigantischer Kristallleuchter schwebt – ein vergoldetes Wunderwerk aus 8 Tonnen Metall und Kristall, gefertigt in Europa. Drumherum hängen elf weitere Leuchter, deren Licht sich im Gold der kunstvoll verzierten Holzdecke spiegelt.
Nebenan bietet die bescheidenere Frauengebetshalle Platz für 750 Gläubige. Männer dürfen diesen Raum nicht betreten, doch ein Livebild vom Freitagsgebet wird auf eine große Leinwand übertragen. Die Trennung der Geschlechter ist spürbar, doch mit Respekt und Bedacht umgesetzt. Beide Säle teilen sich immerhin ein stilvolles Detail: große, goldverzierte Uhren.
Die Moschee wird von einem äußeren und einem inneren Sahn umgeben – großzügige Höfe, die bei Freitagsgebeten zusätzliche Tausende aufnehmen können. Insgesamt finden bis zu 20.000 Gläubige auf dem gesamten Gelände Platz. Wer sich weiter umsieht, entdeckt auch die angeschlossene Madrasa, ein Institut für islamische Wissenschaften mit Wohnheim für Studierende.
Seit 2025 ist der Besuch der Moschee für Nichtmuslime kostenpflichtig – aber jeden Rial wert. Besucher sind herzlich willkommen, sofern sie sich an die Kleiderordnung halten: Frauen mit Kopftuch, Männer in langer Hose und mindestens kurzärmeligem Hemd. Essen, Trinken und Rauchen sind auf dem Gelände verboten, und auch Kinder unter zehn Jahren sind offiziell ausgeschlossen – wobei dies mitunter großzügig gehandhabt wird. Vor Betreten der heiligen Hallen heißt es: Schuhe aus. Doch der Moment, wenn man den blauen Läufer betritt, der den kostbaren Teppich schützt, bleibt unvergesslich. Denn wer einmal unter der strahlenden Kuppel der Großen Sultan-Qabus-Moschee stand, wird den Zauber dieses Ortes so schnell nicht vergessen.