Stromboli – Die feurige Insel im Mittelmeer

Stromboli
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Im tiefblauen Tyrrhenischen Meer, nördlich von Sizilien, erhebt sich eine Insel, wie sie dramatischer kaum sein könnte: Stromboli. Majestätisch ragt sie fast schnurgerade aus dem Wasser empor, ein fast perfekter Kegel aus schwarzem Gestein. Doch es ist nicht nur ihre ungewöhnliche Form, die Stromboli berühmt gemacht hat – es ist ihr Herz aus Feuer. Denn mitten auf der Insel brodelt und rumort unaufhörlich ein Vulkan, einer der aktivsten der Welt. Seine regelmäßigen Ausbrüche haben der Insel den Beinamen „Leuchtturm des Mittelmeers“ eingebracht – schon in der Antike diente sein nächtliches Glühen Seefahrern als Orientierung.

Trotz ihrer gerade einmal 12,6 Quadratkilometer Fläche wirkt Stromboli riesig – zumindest, wenn man sie vom Meer aus betrachtet. Ihre Spitze liegt auf etwa 926 Metern über dem Meeresspiegel, wobei manche Messungen auch leicht abweichende Höhen angeben. Doch was viele nicht wissen: Unter Wasser setzt sich der Vulkankegel noch weiter fort – ganze 3000 Meter tief fällt er zum Meeresboden hinab. Der vulkanische Koloss ruht auf einer enormen Basis, die zusammen mit dem nahegelegenen Felsen Strombolicchio einen Durchmesser von rund 25 Kilometern bildet. Besonders auffällig ist die Nordwestseite der Insel: Die sogenannte Sciara del Fuoco, die „Feuerrutsche“, zieht sich wie eine schwarze Narbe den Hang hinunter – ein Lavakanal, der sich bei Ausbrüchen mit glühendem Gestein füllt.

Die Insel gehört zur Inselgruppe der Äolischen Inseln, auch Liparische Inseln genannt, und ist Teil der Gemeinde Lipari. Zwei Dörfer gibt es auf Stromboli: den Hauptort Stromboli im Nordosten, bestehend aus mehreren zusammengewachsenen Ortsteilen, und das abgelegene Ginostra im Südwesten – nur per Boot zu erreichen und völlig autofrei. In Ginostra führen nur schmale Fußwege durch die engen Gassen, und selbst im Hauptort sind motorisierte Fahrzeuge rar – erlaubt sind lediglich kleine Elektrotransporter und Motorroller.

Die Vegetation auf Stromboli spiegelt ihre dramatische Topografie wider. In den unteren Lagen wachsen noch Olivenbäume und Weinreben, teils auf alten, längst überwucherten Terrassenfeldern. Weiter oben dominiert die wilde Macchia – eine dichte, stachelige Mischung aus Ginster, Dornensträuchern und Schilf. In den höchsten Lagen, nahe des Kraters, ist die Landschaft karg und vegetationslos – dort herrschen Asche, Gestein und das Schweigen des Lavastaubs. Nur das Fauchen der Erde erinnert daran, dass Stromboli ein lebendiger Vulkan ist.

Und dieser lebt in einem ganz besonderen Rhythmus: Alle paar Minuten schleudert er Lavafetzen, Asche und glühende Steine aus seinem Inneren – eine weltweit einzigartige Regelmäßigkeit. Diese Art der Aktivität nennt man „strombolianisch“ – benannt nach genau diesem Vulkan. Ursache ist ein faszinierendes physikalisches Phänomen: Gase steigen im Inneren auf, bilden Blasen, die an der Oberfläche platzen und dabei Magmafetzen in die Luft reißen.

Doch Stromboli kann auch anders. Besonders eindrucksvoll war der Ausbruch vom 11. September 1930: Eine Glutlawine stürzte mit gewaltiger Geschwindigkeit durch die Vallonazzo-Schlucht, setzte Boote in Brand und ließ das Meer kochen. Ein Tsunami war die Folge. Auch in jüngerer Zeit gab es gefährliche Eruptionen – etwa 2002, 2007 und zuletzt 2019, als eine Aschewolke kilometerhoch in den Himmel stieg und ein Tourist ums Leben kam.

Trotz – oder gerade wegen – dieser wilden Natur zieht Stromboli jedes Jahr tausende Besucher an. Der Tourismus hat den einstigen Weinanbau als Haupteinnahmequelle längst abgelöst. Früher lebten die Menschen hauptsächlich vom Wein – bis Reblaus und Vulkanausbrüche das Ende dieser Tradition einläuteten. Heute pilgern Abenteuerlustige zum Gipfel, um das faszinierende Naturspektakel aus nächster Nähe zu erleben. Der Aufstieg ist nur mit einem ortskundigen Führer erlaubt – und er beginnt meist am späten Nachmittag, denn erst bei Nacht entfaltet Stromboli seine volle, feurige Schönheit.

Neben seiner Natur hat Stromboli auch kulturelle Spuren hinterlassen. Der Filmklassiker Stromboli von Roberto Rossellini mit Ingrid Bergman machte die Insel weltweit bekannt. Noch heute erinnert eine Gedenktafel an das Haus, in dem die Schauspielerin während der Dreharbeiten wohnte. Auch Künstler wie der deutsche Bildhauer Peter Römpert fanden hier Inspiration – und ein Stück Einsamkeit.

Stromboli ist ein Ort der Gegensätze: wild und ruhig, uralt und ewig jung, gefährlich und faszinierend. Wer einmal dort war, vergisst die Insel nicht. Denn sie brennt sich nicht nur mit ihrer Lava ins Gestein – sondern auch tief ins Gedächtnis.

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