Château de Villandry – ein architektonisches Juwel

Schloss Villandry
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Unweit der französischen Stadt Tours, eingebettet in die sanfte Landschaft entlang des Flusses Cher, erhebt sich das Château de Villandry – ein architektonisches Juwel, das nicht nur durch seine Renaissance-Mauern, sondern vor allem durch seine spektakulären Gärten Besucher aus aller Welt verzaubert. Villandry ist dabei nicht irgendein Schloss: Es erzählt eine Geschichte, die tief in die politischen Wirren des Mittelalters zurückreicht und in einer liebevollen Rückbesinnung auf alte Gartenkunst gipfelt.

Die Ursprünge des Ortes reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück. Damals stand hier eine massive Festung namens Colombier, in der sich ein bedeutsames historisches Ereignis abspielte: Am 4. Juli 1189 unterzeichnete Heinrich II. Plantagenet, der König von England, nach seiner Niederlage gegen Philipp II. Auguste, König von Frankreich, den sogenannten Frieden von Colombier – ein Wendepunkt in den Machtverhältnissen Europas. Die alten Mauern verschwanden jedoch fast vollständig, als Jean Le Breton, Finanzminister unter König Franz I., das heutige Schloss errichten ließ. Er entschied sich 1532 für einen radikalen Neuanfang: Die alte Burg wurde bis auf die Grundmauern und den Wehrturm abgerissen. Bis 1536 entstand schließlich ein elegantes Schloss im Stil der Renaissance – eines der letzten seiner Art an der Loire. Ganz im Gegensatz zu den verspielten italienischen Einflüssen anderer Bauwerke dieser Epoche zeigt Villandry einen nüchternen, französisch geprägten Stil, der sich in der klaren Dachform und dem Fehlen von Türmchen oder anderen mittelalterlichen Details widerspiegelt. Damit war Villandry seiner Zeit voraus und deutete bereits die architektonische Linie späterer Meisterwerke wie Anet und Fontainebleau an.

Im 18. Jahrhundert wurde das Schloss von neuen Besitzern übernommen, darunter der Marquis de Castellane. Unter seiner Hand verwandelte sich das Schloss – zumindest in seinem Inneren – in eine Residenz, die dem Komfort und Geschmack des Barock entsprach. Auch die Gartenanlage wurde in einen romantischen englischen Landschaftspark umgestaltet. Doch die eigentliche Renaissance von Villandry sollte noch folgen: 1906 kam das Anwesen in die Hände des spanischen Arztes Joachim Carvallo und seiner Ehefrau Ann Coleman, einer reichen Amerikanerin mit einer tiefen Liebe zur europäischen Kunstgeschichte. Das Paar verliebte sich in Villandry – und rettete es. Mit großem Aufwand restaurierten sie nicht nur das Schloss, sondern legten die Gärten nach historischen Plänen und Zeichnungen neu an, ganz im Stil des 16. Jahrhunderts.

Die Gärten von Villandry sind heute berühmt – ein lebendiges Gemälde aus Blumen, Wasserläufen, Gemüse und Symbolik. Sie erstrecken sich über drei Ebenen und folgen einer durchdachten Ordnung, bei der jedes Element eine Rolle spielt. Auf der höchsten Ebene glänzt der Sonnengarten mit prachtvollen Terrassen und einem Belvedere, von dem aus man einen herrlichen Blick über das ganze Anwesen genießt. Eine Etage tiefer liegt der ruhige Wassergarten mit seinem großen Becken, das vom Vieux Cher gespeist wird und wiederum die kleineren Kanäle und Schlossgräben mit Wasser versorgt.

Besonders eindrucksvoll sind die Ziergärten. Direkt hinter dem Schloss liegt der sogenannte „Garten der Liebe“, der in vier symbolische Quadrate gegliedert ist – jedes davon steht für eine Facette der Liebe: die zärtliche, leidenschaftliche, unbeständige und tragische. Auch ein Musikgarten und ein Kreuzgarten laden zur Erkundung ein. Seit 1970 ergänzt ein Kräutergarten das Ensemble, und 2008 kam ein weiterer Sonnengarten hinzu. Bemerkenswert: Seit 2009 werden alle Gärten vollständig ohne chemische Pflanzenschutzmittel gepflegt – ganz im Sinne der Natur und Tradition.

Den spektakulärsten Anblick aber bietet der Küchengarten auf der untersten Ebene. In neun schachbrettartig angelegten Quadraten gedeiht hier ein Meer aus Rotkohl, Mangold, Endivien, Lauch, Salat und Roter Bete – nicht zum Verzehr, sondern als kunstvolle Komposition aus Farbe, Form und Struktur. Springbrunnen sprudeln an den Wegkreuzungen, und zwischen den Beeten wachsen in geometrischer Ordnung Birnbäume und Rosen. Die Gestaltung erinnert an die klösterlichen Gärten des Mittelalters, während die symmetrische Ästhetik an italienische Einflüsse denken lässt.

Heute gehört das Schloss immer noch der Familie Carvallo – Henri Carvallo, der Urenkel von Joachim, führt das Erbe mit Hingabe fort. Das Château de Villandry ist längst mehr als ein historischer Bau – es ist ein lebendiger Ort der Schönheit, eine Hommage an Kunst, Geschichte und Gartenbau, die jährlich hunderttausende Besucher in ihren Bann zieht.

Die Schlösser und Gärten Frankreichs selbst erleben…