
Von Castelo de Paiva nach Carvoeiro
Wir haben das wunderschöne Hinterland verlassen, sind stundenlang durch steppenähnliche Landschaften mit ungezählten Korkeichen gefahren. Manchmal abgelöst durch riesenbrokkoliähnliche Pinienbäume. Später wechselte das Land in Obst- und Olivenplantagen, die bis zum Horizont reichten. Mit kleinen Stopps in Evoramonte, Évora und Silves füllen wir unseren Tagesbedarf an Burgen wieder auf, bevor wir die berühmte Küste der Algarve erreichen. In Carvoeiro sind wir vom Trubel wenig überrascht, erleben aber dennoch einen kleinen Kulturschock. Hier ist es vorbei mit der Ruhe: Restaurant an Restaurant, Tourishop an Tourishop, viele Menschen, viele Gerüche, viel Verkehr. Abends spielt eine Liveband am Strand und sorgt für gute Stimmung.

Am nächsten Tag unternehmen wir eine lange Wanderung entlang der Algarve-Küste und können so weitgehend dem Trubel entgehen. Dieser findet nämlich hauptsächlich auf dem Meer statt, wo sich mit Touristen vollgepackte Boote und Kajaks entlang der Felsküste drängen. Uns genügt der Blick von oben auf die steil abfallenden Klippen. Die kleinen Buchten laden leider aufgrund einer dicken Schicht aus Seetang gar nicht zum Baden ein. Eine weitere Wanderung entlang der Klippen bei Lagos steht auf dem Programm. Insgesamt sind wir ziemlich enttäuscht, zu sehen, wie der einst schöne Küstenstreifen der Algarve verbaut und kommerziell ausgebeutet wird. Hier ist leider nichts mehr natürlich.

Von Carvoeiro nach Sagres
Die Luft ist getrübt von einem feinen Schleier Gischt. Der wilde Atlantik lässt die Wellen mit lautem Getöse an der rauen Felsküste Portugals auflaufen. Wir haben uns ein paar der schönsten Etappen auf dem langen Wanderweg der Westküste ausgesucht. Entlang der steil abfallenden Klippen sind wir fast alleine unterwegs, nur niedriges Gebüsch auf feinem Sand und Felsen. Immer wieder tauchen fast menschenleere Buchten mit feinem Sandstrand auf. Das Wasser ist unerwartet kalt, und die Brandung ziemlich stark. Wir übernachten in Sagres, dem südwestlichsten Zipfel Portugals. Die Touristenmassen der Algarve haben wir hinter uns gelassen – hier an der Westküste haben die Surfer das Regiment übernommen.

Weiter geht die Fahrt entlang der Westküste nach Norden. Noch kurz eine Burganlage in Aljezur besichtigt und einen Kaffee im frisch renovierten Dorf Zambujeira do Mar getrunken, bevor wir eine weitere Wanderung an der sehr beeindruckenden Steilküste beim Leuchtturm von Farol do Cabo bei Sardão unternehmen. Der Wanderweg ist ein weiteres Highlight dieser Reise und bei Weitwanderern beliebt. Nicht weit vom Leuchtturm entfernt gibt es eine kleine Bucht mit Sandstrand, wo wir in den mächtigen Wellen im 17 Grad kalten Wasser des Atlantiks Abkühlung finden.

Unsere Unterkunft finden wir am Strand von Odeceixe (phonetisch Odiseisch). Auch hier lohnt sich unbedingt eine Wanderung entlang der steilen Klippen mit Blick auf den rauschenden Ozean, der unermüdlich eine Welle nach der anderen krachend an den Felsen zerschellen lässt. Dieser Küstenabschnitt eignet sich besonders gut als Mehrtagestour für Weitwanderer.

Von Sagres nach Lissabon
Wir haben das wunderschöne bergige Hinterland Nordportugals kennengelernt, die beliebte Algarve besucht und die raue Klippenlandschaft sowie die weiten Sandstrände der Westküste erwandert. Nun wird es Zeit für etwas Kulturprogramm und Stadtleben. Vom „Cristo Rei“ erhält man einen fantastischen Blick auf die „Golden Gate“-Brücke Lissabons, die uns anschließend den Weg in die Stadt frei macht. So erreichen wir Lissabon über seine schönste Seite. Auf dem Weg zu unserer Unterkunft liegt gleich noch das Seefahrerdenkmal Belém. Unsere Übernachtung liegt etwas außerhalb in der bei den Lissabonnern beliebten Vorstadt Cascais. Von dort fährt man bequem mit einem Zug in 30 Minuten in die Altstadt von Lissabon. Das 24-Stunden-Ticket für 10 Euro gilt auch für die Tram, öffentliche Busse und die Metro. Auf diese Weise können wir die verschiedenen Stadtteile sogar bis hinaus ins ehemalige EXPO-Gelände erkunden. Wir besichtigen die Kirchen und Castellos und schlendern durch die schmalen Altstadtgassen, bis wir glauben, alles gesehen zu haben.

Am nächsten Tag steht das „Schloss Neuschwanstein Portugals“ auf der To-Do-Liste. Und genauso geht es dort auch zu: Das quitschbunte Schlösschen Palácio da Pena thront auf dem Hügel zwischen Pinien- und Sequoia-Bäumen. Durch Zufall entdecken wir einen Durchgang vom Café zu einer der Terrassen und können dadurch den Schlossinnenhof und einen kleinen Wehrgang rund um das Gemäuer erkunden – alles legal, aber gut versteckt. Wir erklimmen den Gipfel Alto Cruz, jedoch ist die Aussicht dort ziemlich zugewachsen. Anschließend statten wir dem Palácio Nacional de Sintra mit seinen schlumpfähnlichen Kaminen einen Besuch ab.

Es wird Zeit für einen Badestopp am Praia Grande. Auch hier rollen die Wellen gewaltig heran, und die Surfer haben ihren Spaß. Ein weiteres Highlight Portugals steht noch auf dem Programm: der westlichste Punkt Festlandeuropas, Cabo da Roca, darf natürlich nicht ausgelassen werden. Doch viel zu sehen gibt es eigentlich nicht, außer der Tatsache, dass es eben der westlichste Punkt Festlandeuropas ist. Das heißt nicht, dass es der westlichste Punkt Europas ist – denn sogar in Irland gibt es einen westlicheren Punkt, doch Irland zählt halt nicht zum Festland, und dann wären da auch noch die Azoren…

Von Lissabon nach Nazaré
Genug von der Großstadt, fahren wir weiter in Richtung Norden. Unseren Bedarf an historischen Ruinen muss wieder aufgefüllt werden. Erster Stopp in Óbidos, dem „Rothenburg ob der Tauber Portugals“. Naja, fast. Es gibt allerdings eine Stadtmauer, auf der man rund um das historische Zentrum (welches aus ein bis zwei Gassen besteht) herumlaufen kann. Es gibt ein paar nette Läden, Cafés und Souvenirshops.

Weiter geht es wieder an den rauen Atlantik nach Nazaré. Erwartet hatten wir ein beschauliches, ruhiges Fischerdorf an einem geschützten Sandstrand mit einem romantischen Leuchtturm. Für diese Erwartung hätten wir wahrscheinlich 30 Jahre früher kommen sollen. Heute ist der Ort ein vielbesuchter Touristenort mit Restaurants und Hotels. Die Oberstadt hängt schwindelerregend auf den überstehenden Klippen, und am heutigen Sonntag genießen viele Ausflügler und Touristen die fantastische Aussicht.

Von hier sind es nur 50 Kilometer nach Tomar. Das Convento de Cristo, eine von Tempelrittern gegründete Wehrklosteranlage, ist sehr sehenswert. Besonders die innen befindliche Rundkirche ist außergewöhnlich beeindruckend. Das ganze Gebäude ist derart verwinkelt, dass man sich darin direkt verlaufen kann. Das schöne Aquädukt in der Nähe eignet sich hervorragend für einen Picknickstopp. Fatima liegt auf dem Rückweg und ist vermutlich nur für gläubige Christen wichtig. Unbedingt ein Stopp wert ist jedoch der unvollendete Dom von Batalha mit seinen mächtigen Säulen und schönen Lichtspielen im Inneren.

Von Nazaré nach Porto
Zum Ende unserer Rundreise zieht es uns zurück an den Strand. Die raue Felsenküste am Atlantik haben wir hinter uns gelassen. Hier – nördlich von Lissabon – finden wir kilometerlange, menschenleere Sandstrände. Die Wellen rauschen unermüdlich an den Strand. Richtig schwimmen kann man nicht, aber in den Wellen herumtollen geht. Oder einfach nur stundenlang am Strand laufen. In Costa Nova übernachten wir zur Abwechslung auf einem Flussschiff. Das Örtchen erinnert mit seinen bunt gestreiften Häuschen an Takkatukkaland.

Porto ist unser letztes Ziel. Auf dass uns niemals die Kirchen ausgehen – und die Treppen. Wie ein Magnet zieht uns die auffällige Eisenbrücke über den Douro an. Von dort hat man natürlich einen schönen Blick auf das historische Zentrum und sämtliche Kirchtürme. Bei der Ausstattung der Kirchen hat man nicht gespart: eine prunkvoller als die andere. Am mächtigsten, ja fast schon bedrückend, wirkt die Kirche des Bettelbruders Franziskus. Wenn der wüsste, was die Adeligen mit seiner ehemals einfach ausgestatteten gotischen Kirche angestellt haben! Haupt- und Seitenaltäre sind über und über mit vergoldeten Schnitzereien geschmückt. In den Katakomben kann man die Gebeine der edlen Spender besuchen. Ansonsten haben wir den Eindruck, dass Porto schon bessere Zeiten gesehen hat. Viele der Häuser sind zwar renoviert, aber dazwischen gibt es viele eingestürzte, unbewohnte bzw. unbewohnbare Häuser. Insgesamt ist es aber ein liebenswertes, überschaubares Städtchen, das mit seinen Uferpromenaden am Douro einen gewissen Reiz hat.
