Kamtschatka – Urgewalten der Natur!

Kamtschatka
© flyfisher – Fotolia.com

Ungefähr 30.000 Menschen und 10.000 Bären teilen sich eine Region, die flächenmäßig etwas größer ist als Deutschland. Die restlichen 300.000 Einwohner Kamtschatkas leben in und um die Hauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski. Zu Deutsch: Peter und Paul Stadt von Kamtschatka. Eingebettet in die natürliche Awatscha-Bucht, mit Trinkwasser aus dem Awatscha-Fluss versorgt, eignete sich der Ort perfekt für die Gründung einer Stadt im Jahr 1730, die zunächst als Ausgangspunkt für Expeditionen diente. Heute sind in der Hauptstadt verschiedene wissenschaftliche Einrichtungen beheimatet, z. B. für die Ozeanforschung, die Vulkanologie Kamtschatkas und zur Satelliten-Überwachung.

Die Einwohner Kamtschatkas können sich wahrscheinlich über Platzmangel nicht beschweren. Aber was sind das denn für Menschen? Eine Volkszählung aus dem Jahr 2010 ergab, dass knapp 97 Prozent der Bevölkerung russischer Abstammung ist und gerade mal 3 Prozent der ursprünglichen Volksgruppen der Korjaken, der Itenmenen, der Tschuktschen und der Ewenen angehören. Diese Volksgruppen leben teilweise schon seit Jahrtausenden auf Kamtschatka. Sie sind entweder mongolischer Abstammung und leben halbnomadisch von Fischfang und Rentierzucht oder sie stammen von nordamerikanischen Indianern ab, wie die Itenmenen, die einst über die damals noch trocken gelegene Beringstraße vom amerikanischen Festland zugewandert sind. Viele ihrer Bräuche erinnern noch heute an die der nordamerikanischen Urbevölkerung. Durch die Entdeckung Kamtschatkas durch die Kosaken im 17. Jh. wurde die Zahl der Urbevölkerung in kurzer Zeit drastisch reduziert und beinahe ausgerottet.

Um in der rauen Wildnis überleben zu können, ist es notwendig, dass sich die Menschen dem Rhythmus der Natur anpassen. So können sie jahreszeitlich bedingt Jagd- und Fischgründe nutzen und ihre Rentierherden grasen lassen. Das Rentier sichert das Überleben der indigenen Bevölkerungsgruppen. Es dient als Transportmittel für Jurten und als Zugtier für Schlitten, es liefert Felle und Nahrung. Die Herde einer Familie kann aus mehreren tausend Tieren bestehen. Des weiteren liefern Seehunde Fleisch, Fett und Felle. Die wichtigste Nahrungsquelle stellen jedoch Lachse dar, die geräuchert, getrocknet oder eingesalzen für längere Zeit konserviert werden können.

Kamtschatka Bär
© Federico Rizzato – Fotolia.com

Nochmal zurück zu den Bären:
Ein ausgewachsener Kamtschatka-Braunbär ist mit 2,5 m Größe und 600 Kg fast so groß wie ein Kodiak-Bär, der schließlich als der größte aller Bären überhaupt gilt. Die Kamtschatka-Braunbären sind Allesfresser. Nach der Winterruhe vertilgen sie alles, was sie zwischen den Restschneefeldern und rund um die warmen Thermalquellen finden können. Angefangen bei Gräsern, Beeren und Pilzen über Insekten, Fleisch und Aas. Neigt sich der Sommer dann dem Ende zu, wird es Zeit sich eine dicke Fettschicht anzufressen. Da kommt die Laichzeit der Lachse gerade recht. Zu hunderten sammeln sie sich an den Flüssen und bedienen sich am reichhaltigen Lachs-Buffet. Wenn dann im Oktober die Temperatur sinkt und die Schneehöhe steigt, ziehen sich die Kamtschatka-Braunbären bis April zur Winterruhe in ihre Höhlen zurück.

Laut WWF verbot bereits im Jahr 1897 der damalige Gouverneur die Bärenjagd in Kamtschatka, damit die Population sich erholen konnte. Trotz einem erneuten Jagdmoratorium durch den Gouverneur im Jahr 2005 sind die Kamtschatka Braunbären durch festgelegte Jagdquoten und illegaler Jagd stark gefährdet. Die Jäger machen es sich einfach und verfolgen mit Hubschraubern und Schneemobilen die auf Restschneefeldern im Frühling schlecht getarnten Bären. Von 1968 bis 1976 sank die Zahl der Kamtschatka-Braunbären von ca. 20.000 auf gerade mal 7.000 Exemplare. Momentan ist die Braunbärpopulation auf Kamtschatka mit ca. 10.000 Tieren stabil. Doch schon alleine durch die fortschreitende industrielle Erschließung und Verschmutzung von Lachs-Laichflüssen und damit der wichtigsten Nahrungsquelle der Braunbären, könnte sich die Zahl der Tiere rasant reduzieren.
Quelle: WWF Infoseite Braunbären in Kamtschatka

Kamtschatka Riesen-Seeadler
© hubertikus – Fotolia.com

Mit welchen Tierbegegnungen darf sonst noch gerechnet werden?
Aufgrund seiner Abgeschiedenheit, bedingt durch den sehr schmalen Übergang vom russischen Festland zur Halbinsel Kamtschatka, haben sich nur relativ wenige Säugetierarten angesiedelt. Diese haben jedoch interessante Unterarten entwickelt, die es nur auf Kamtschatka gibt. Dazu gehört das Kamtschatka-Rentier, das mit einer Geweihgröße von 1,50 m das größte Rentiergeweih aller vorkommenden Rentierarten besitzt. Das Kamtschatka-Schneeschaf ist sehr selten und lebt zurückgezogen in den höheren Lagen der Gebirge. An den Küsten Kamtschatkas trifft man auf verschiedene Robbenarten, Delphine und Wale. Der seltenste davon ist der Westpazifische Grauwal, von dem es nur noch sehr wenige Exemplare gibt. Bei den Vögeln sieht es dagegen schon anders aus. Das Fischreichtum an den Küsten und in den Flüssen sowie die weitgehend unberührte Natur bietet beste Lebensbedingungen für ca. 220 verschiedene Vogelarten. Darunter auch der Riesen-Seeadler mit einer Flügelspannweite von 2,80 Metern.

Kamtschatka Vulkane
© flyfisher – Fotolia.com

Wer ist sonst noch aktiv auf Kamtschatka? Richtig: aktive Vulkane!
Kamtschatka liegt am Rand des Pazifischen Feuerrings, auf dem die Mehrheit aller aktiven Vulkane der Erde liegt. Durch das Abtauchen der Pazifischen Platte unter die Eurasische Platte mit einer Geschwindigkeit von 8-10 cm (!) pro Jahr, kommt die Erde hier nicht zur Ruhe. Kleinere und größere Erdbeben sind an der Tagesordnung und jährlich brechen durchschnittlich 6 Vulkane der ca. 29 aktiven Vulkane aus. Daneben schlummern noch etwa 160 derzeit nicht aktive Vulkane. Die einzigartige Kombination aus Vulkanismus und Tierwelt brachte den Vulkanen Kamtschatkas sogar einen Platz im UNESCO Weltnaturerbe ein. Ein Paradies nicht nur für Geologen, Mineralogen und Vulkanologen sind außerdem die unzähligen Geysire, kochenden Schlammquellen und dampfenden Fumarolen im Tal der Geysire. In dem 6 km langen Tal, das Teil des Nationalen Kronozki-Biosphärenreservats Kamtschatkas ist, befinden sich ca. 90 Geysire und unzählige heiße Quellen.

Und wie sieht es sonst so aus?
Zwei Bergketten durchziehen die Halbinsel Kamtschatka parallel von Südwesten nach Nordosten. In der ca. 150 Km breiten Senke dazwischen haben die Flüsse Kamcatka und Bystraja breite Täler geformt. Während die westliche Bergkette eher flach in das Ochotskische Meer abfällt, fällt die Ostküste schroff und steil in die Beringsee ab. Aufgrund dieser geologischen Struktur haben sich interessante Vegetationszonen auf Kamtschatka durchgesetzt. So gibt es Moore und Sümpfe im Westen und Norden der Halbinsel, die gesamte Westküste ist geprägt von baumloser Tundra, entlang der Höhenzüge finden sich lichte Wälder und Nadelwälder gestalten das Bild im zentralen Tal zwischen den Bergketten.

Aufgrund der politischen Situation sind Reisen nach Russland und Kamtschatka momentan und vermutlich auch in absehbarer Zukunft nicht möglich.