Höhle von Lascaux – Begegnung mit unseren Ahnen

Im Herzen Südwestfrankreichs, nahe dem beschaulichen Örtchen Montignac, verbirgt sich ein Fenster in die ferne Vergangenheit – die Höhle von Lascaux. Was auf den ersten Blick wie ein gewöhnlicher Felshang wirkt, entpuppt sich als eine der bedeutendsten Schatzkammern prähistorischer Kunst. Entdeckt wurde sie im September 1940 von vier abenteuerlustigen Jugendlichen – ein Zufallsfund, der die Geschichte der Menschheit neu erzählen sollte.

Die Höhle liegt versteckt in einem Kalksteinhang über dem Tal der Vézère. Dank ihrer geologischen Besonderheit – einem schützenden Mergelhorizont – ist sie ungewöhnlich trocken geblieben, was die fantastischen Malereien in einem bemerkenswerten Zustand bewahrt hat. Und diese Kunst ist alles andere als schlicht: In leuchtendem Ocker, Schwarz und Rot, gefertigt aus natürlichen Pigmenten, begegnen einem dort Auerochsen, Wildpferde, Hirsche und geheimnisvolle Zeichen – Szenen, die vor bis zu 20.000 Jahren entstanden sein könnten.

Die berühmteste Kammer ist der „Saal der Stiere“. Hier dominieren riesige Tiergestalten, einige über fünf Meter lang – darunter der legendäre schwarze Stier, das inoffizielle Wahrzeichen der Region. Man kann sich kaum vorstellen, wie unsere Vorfahren mit Fackellicht und improvisierten Farben solche Meisterwerke schufen. Und doch zeugen auch andere Räume wie der „axiale Seitengang“, das „Schiff“ oder der „Schacht“ von ebenso großer Ausdruckskraft. Besonders der Schacht überrascht mit einer rätselhaften Szene: Ein vogelköpfiger Mann, ein sterbendes Wisent, ein Speer – eine Momentaufnahme voller Dramatik und Symbolik, die bis heute nicht vollständig entschlüsselt ist.

Doch der Glanz von Lascaux blieb nicht lange geheim. Schon 1948 wurde die Höhle für Besucher geöffnet – was sich bald als Fehler herausstellte. Die Atemluft tausender Gäste führte zu Schimmelbildung und setzte die Wandmalereien massiv unter Stress. Bereits 1963 wurde Lascaux daher für die Öffentlichkeit geschlossen. Seitdem wird sie streng überwacht und mit modernsten Systemen klimatisiert.

Doch ganz verschlossen blieb sie der Welt nicht: Mit Lascaux 2 entstand 1983 eine exakte Nachbildung des Originalgangs – mit dem Ziel, die Magie der Höhle weiterhin erlebbar zu machen. Später folgten Lascaux 3, eine Wanderausstellung, die sogar bis nach Tokio, Chicago und München reiste, sowie Lascaux 4 – ein modernes Museum mit Hightech-Nachbildungen aller Höhlenabschnitte. Diese Repliken sind so präzise, dass man meint, selbst mit einer Fackel durch die Urzeit zu wandern.

Die Faszination von Lascaux liegt nicht nur in der Kunst selbst, sondern in der Verbindung zwischen Mensch und Geschichte. In den stillen Gängen der Höhle begegnen wir unseren Ahnen – ihren Ängsten, ihrem Glauben, ihrer Kreativität. Ein Ort, der nicht nur staunen lässt, sondern auch eine leise Ehrfurcht weckt: vor der Kunst der Steinzeit und den Geschichten, die in ihren Schatten schlummern.

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