Great Dixter – Ein Garten voller Überraschungen

Great Dixter
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Versteckt in der idyllischen Landschaft von East Sussex liegt ein Ort, der auf den ersten Blick wie aus der Zeit gefallen scheint – Great Dixter. Doch hinter der romantisch verwachsenen Fassade verbirgt sich mehr als nur ein historisches Herrenhaus: Es ist ein lebendiges Kunstwerk, ein Gartenexperimentierfeld und eine Hommage an die Leidenschaft für Pflanzen, Architektur und kreative Freiheit.

Angefangen hat alles 1909, als der wohlhabende Geschäftsmann Nathaniel Lloyd das mittelalterliche Haus Dixter erwarb – ein Gebäude aus dem 15. Jahrhundert, das damals ziemlich heruntergekommen war. Lloyd hatte allerdings nicht vor, es einfach nur zu renovieren. Stattdessen holte er sich mit dem berühmten Architekten Edwin Lutyens einen Visionär an seine Seite, der die perfekte Mischung aus historischer Authentizität und künstlerischer Fantasie beherrschte. Gemeinsam schufen sie ein Ensemble, das sich wie ein mittelalterliches Herrenhaus anfühlt – mit Rittersaal, Salon und Gartenzimmer, aber auch mit geschickt eingefügten Ergänzungen. Sogar ein altes Haus aus dem Nachbarort Benenden wurde Stein für Stein abgetragen und hier neu aufgebaut. So entstand Great Dixter, wie es heute bekannt ist – eine liebevolle, detailverliebte Rekonstruktion, die dennoch ganz eigene Akzente setzt.

Das Anwesen blieb nicht allein ein architektonisches Schmuckstück. Die eigentliche Magie beginnt draußen – im Garten. Nathaniel Lloyd selbst hatte ein Faible für Formschnitt, was sich bis heute im berühmten Pfauengarten widerspiegelt, wo in Form geschnittene Buchsbäume zu starren Wächtern über den farbenfrohen Staudenfeldern werden. Seine Frau Daisy brachte die florale Leichtigkeit dazu – sie legte die wilden Blumenwiesen und Orchideenbeete an, die Great Dixter in ein wahres Blütenmeer verwandelten. Doch der Garten war kein abgeschlossenes Projekt, sondern ein wachsendes, atmendes Werk, das sich über Jahrzehnte weiterentwickelte – nicht zuletzt durch Christopher Lloyd, den jüngsten Sohn des Paares.

Christopher war Gärtner, Autor und Rebell. Er übernahm das Familienerbe und verwandelte den Garten in eine Bühne für mutige Experimente. Mit einem Augenzwinkern ersetzte er den Rosengarten seines Vaters durch einen Dschungelgarten mit tropischen Exoten wie Bananenstauden, Dahlien und Hedychium. Die klassischen Elemente des Gartens – wie die 60 Meter lange Rabatte – blieben zwar bestehen, doch Lloyd lockerte ihre Struktur durch ungewöhnliche Farbkombinationen, neue Pflanzpartnerschaften und eine verspielte Unberechenbarkeit auf. Sein Stil war geprägt von der Arts-and-Crafts-Bewegung, aber vor allem von der Lust an Überraschung und Wandel.

Nach Christophers Tod im Jahr 2006 übernahm Fergus Garrett, langjähriger Weggefährte und Chef-Gärtner, das Ruder. Auch er bringt frische Ideen ein, bleibt dabei aber der Philosophie des Hauses treu: dem ständigen Dialog zwischen Bewährtem und Neuem. Garretts Arbeit ist nicht bloß Pflege, sondern kreative Weiterentwicklung. Der Garten von Great Dixter lebt – und fordert auch seine Besucher heraus, gewohnte Sehweisen auf Natur, Ordnung und Ästhetik zu hinterfragen.

Besucht werden kann dieses Paradies von April bis Ende Oktober. Neben Führungen durch Haus und Garten gibt es regelmäßig Workshops, Seminare und Vorträge, die Gartenliebhaber aus aller Welt anlocken. Eine eigens gegründete Stiftung sorgt seit 2004 für den Fortbestand von Great Dixter – ganz im Sinne von Christopher Lloyd, der den Besitz bewusst nicht dem National Trust überlassen wollte. Zu starr, zu konventionell erschien ihm dessen Umgang mit historischer Gartenkultur. Stattdessen wollte er, dass Great Dixter ein Ort bleibt, an dem gewagt, gespielt und neu gedacht werden darf. Und das ist es bis heute – ein lebendiges Gesamtkunstwerk, in dem Geschichte und Gegenwart in jeder Blüte, jeder Hecke und jeder verwunschenen Ecke miteinander tanzen.

Die Gärten von England selbst erleben…