
Dubrovnik – allein der Name klingt wie ein Versprechen: von sonnengetränkten Küsten, mittelalterlichen Mauern, dem Duft von Zypressen und alten Geschichten, die sich im Tosen der Adria verlieren. Im Süden Kroatiens, wo das Dinarische Gebirge sanft zum Meer abfällt und die Insel Lokrum wie ein grüner Wächter vorgelagert liegt, breitet sich diese Stadt aus – majestätisch und verwurzelt in einer Vergangenheit, die reicher kaum sein könnte.
Mehr als 40.000 Menschen leben heute in der Stadt, die früher Ragusa hieß und einst eine stolze Republik war. Über 90 Prozent von ihnen sind Kroaten, aber auch Bosniaken, Serben, Montenegriner und Albaner haben hier ihre Heimat gefunden. Selbst eine kleine jüdische Gemeinde trägt zur kulturellen Vielfalt bei. Dubrovnik war nicht nur ein Handelszentrum, sondern auch eine Wiege der kroatischen Kultur. Zahlreiche Künstler, Mathematiker, Wissenschaftler und Dichter gingen aus ihr hervor. Es ist, als ob der Geist der Gelehrten noch immer durch die schmalen Gassen der Altstadt schwebt, die seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört.
Die Geschichte dieser Stadt beginnt auf einem Felsen. Bereits im 3. Jahrhundert vor Christus existierte dort eine illyrische Siedlung. Später wurde der Ort von Justinian I. befestigt, der eine prächtige Basilika errichten ließ. Nach den Slaweneinfällen siedelten sich Überlebende aus dem zerstörten Epidaurum – dem heutigen Cavtat – auf der kleinen Insel an, aus deren Namen sich das spätere Ragusa entwickelte. Auf dem gegenüberliegenden Festland ließen sich die Slawen nieder – in einem von Eichen bedeckten Gebiet, das im Slawischen „dub“ genannt wurde. So entstand Dubrovnik – zwei Kulturen, vereint durch Handel und Zusammenleben, verbunden durch eine zugeschüttete Meeresstraße, die heute als Stradun bekannt ist.
Im Mittelalter war Dubrovnik ein Ort der Diplomatie. Die Stadt unterstand Byzanz, verbündete sich mit bosnischen Bans, überstand Mongolenbelagerungen und stand zeitweise unter venezianischer Herrschaft. Doch schon 1358 erkannte sie die Oberhoheit der kroatisch-ungarischen Könige an, zahlte Tribut und erlangte schließlich Autonomie. So entstand die Republik Ragusa, eine der ersten Staaten Europas, die 1416 die Sklaverei abschaffte. Selbst das neu gegründete Amerika wurde von Dubrovnik schon 1776 anerkannt – ein Zeichen des politischen Weitblicks dieser kleinen, aber weltoffenen Nation.
Im 15. und 16. Jahrhundert war die Republik auf ihrem Höhepunkt. Mit 160 Handelsschiffen gehörte Dubrovniks Flotte zu den bedeutendsten des Mittelmeers. Doch auch Schatten zogen auf: Das große Erdbeben von 1667 erschütterte nicht nur Gebäude, sondern auch das Selbstverständnis der Stadt. Dubrovnik erholte sich nie ganz davon. Und dennoch blieb es ein Ort mit internationaler Bedeutung – mit über 85 Konsulaten im 18. Jahrhundert.
Die Neuzeit brachte Umbrüche. Napoleon beendete 1808 die Republik, danach fiel Dubrovnik an Österreich, wurde Teil Dalmatiens, dann Jugoslawiens. Während des Zweiten Weltkriegs erlebte die Stadt Besatzungen, Bombenangriffe und Vertreibungen. Doch am tiefsten prägte sich der jüngste Krieg ein: Im Kroatienkrieg Anfang der 1990er-Jahre wurde Dubrovnik belagert, beschossen und schwer beschädigt. Die Welt schaute entsetzt auf die Angriffe auf ein Weltkulturerbe. Doch Dubrovnik erhob sich ein weiteres Mal aus dem Staub.
Heute ist die Stadt ein Magnet für Reisende aus aller Welt – ein Ort, der Jetset und Geschichte, Romantik und Erhabenheit vereint. In den Gärten blühen exotische Pflanzen, die Seeleute einst von fernen Reisen mitbrachten. Der Mauersegler, der im Sommer in Scharen über die Altstadt gleitet, ist längst zum Symbol Dubrovniks geworden – frei, lebendig, unermüdlich.
Zwischen der barocken Kathedrale, dem Dominikanerkloster mit Tizian-Gemälden, den stillen Innenhöfen der Synagoge oder der mittelalterlichen Apotheke aus dem Jahr 1317 spürt man, dass diese Stadt lebt. Nicht nur durch ihre Geschichte, sondern durch die Menschen, die sie tragen – stolz, freundlich, mit einem unerschütterlichen Sinn für Schönheit. Wer einmal durch das Stadttor tritt, hört vielleicht nicht nur das Rauschen des Meeres, sondern auch das Flüstern der Jahrhunderte. Dubrovnik ist nicht einfach ein Ort – es ist ein Gefühl.