Der Wolf und Rotkäppchen

Wolf
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Es war einmal ein Wolf. Genau genommen ein böser Wolf. Sagt Rotkäppchen. Denn der Wolf hatte ihre Großmutter gefressen. Und daher musste er sterben. Und weil Rotkäppchen so bekannt war, glaubten fortan alle Menschen, dass alle Wölfe alle Großmütter fressen würden. Und daher mussten alle Wölfe sterben. Alle Wölfe?

Nein! Ein paar unbeugsame Wölfe versteckten sich tief im Wald des hohen Nordens und kamen mit dem Leben davon. Dort heulten sie jede Nacht vor sich hin, weil ihrem Volk so großes Unrecht getan worden war. Aber weil er sehr schlau war, passte er sich seinem Lebensraum an, und verhielt sich so, wie sich normale Wölfe eben benehmen. Nicht gut und nicht böse.

Als der Mensch alle Großmütter abgezählt hatte, und feststellte, dass keine fehlte, war es an der Zeit, den Wolf zu rehabilitieren. So kam es, dass der Wolf in viele Regionen zurückkehren durfte. Das Heulen hat er allerdings beibehalten. Mit etwas Glück kann man ihn nicht nur in Alaska, Kanada, oder Sibirien, sondern auch in Deutschland hören, wenn er nachts den Mond anheult.

Und die Moral von der Geschichte: Rotkäppchen hatte gelogen!

Ursprünglich war der Wolf auf der ganzen Nordhalbkugel der Erde verbreitet. Von Europa über Asien bis Japan und Nordamerika. Durch starke Bejagung seit dem 15. Jahrhundert wurde der Bestand weltweit so stark dezimiert, dass er in Europa fast vollständig und in anderen Regionen sogar komplett ausgerottet wurde. In den 1980 Jahren gab es eine Wende. In vielen europäischen Staaten wurde er unter Schutz gestellt, darunter auch in Deutschland, wo er mehr als 100 Jahre als ausgestorben galt. Seither kehren Wölfe aus Osteuropa zurück und siedeln sich in Deutschland, Italien, Österreich und der Schweiz wieder an. Der Bestand in Europa hat sich stabilisiert und steigt sogar deutlich an.

Die Konfrontation zwischen Wolf und Mensch führt zunehmend zu Konflikten. Während Naturschützer dem Raubtier als Teil des Ökosystems seinen natürlichen Lebensraum zugestehen möchten, betrachten andere den Wolf als existentielle Bedrohung für die Menschen und deren Nutztieren. Im eng besiedelten Deutschland müssen wir also erst wieder lernen, mit dem Wolf zu leben.

Quelle: WWF Deutschland