Tasmanien: Briefe einer Weltreise Teil 8

Tasmanien
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25.03.1997
Hillwood – Tasmanien

Ich bin bei Freunden auf ihrer kleinen Farm in Tasmanien. Die Farm besteht aus unzähligen Hühnern, Gänsen, Enten und Truthähnen. Ungefähr 16 Schafe, 1 Ziege, 1 Pferd (Lucy), die verrückte Kuh Nelli, die es so gerne hat, wenn man sie unter dem Kinn krault, und 2 Hunde und eine Katze. Einen richtigen Stall gibt es eigentlich nicht. Ich soll ca. 5 Stunden pro Tag mithelfen. Aber meistens sind es 10 oder mehr. Dafür ist Kost und Logie frei und sie fahren mich an manchen Tagen quer durch Tasmanien zu Sehenswürdigkeiten. Meine Arbeit besteht ungefähr aus: morgens und abends Geflügel füttern und tränken, tonnenweise Feuerholz sammeln, schneiden und aufstapeln, Laufställe für Enten bauen, Brombeeren schneiden und vernichten, den Kruscht im Garten zusammenräumen und Beeren sammeln. Dann geht es im Haus weiter. Marmelade kochen, Brot backen, bügeln, Küche fegen u. s. w.. Aber alles in allem geht es recht locker zu. Mehr oder weniger auf freiwilliger Basis. Was ich nicht tun will, muss ich nicht tun und sie schaffen mir nie was an. Sie sagen halt: hier ist dies und da ist jenes und ich kann mir dann aussuchen, was ich machen will.

Die Gegend rundherum ist hügelig mit vereinzelten Eukalyptusbäumen, Viehzäunen, Wald und einem herrlich blauen Fjord, den man vom Haus aus sehen kann. Mit jedem Sonnenstrahl oder jeder Wolke ändern sich die Farben der Landschaft und des Wassers. Total schön.
Gestern waren wir am Meer zum Sonnenuntergang und dann haben wir gewartet bis die Pinguine an Land gekommen sind.

Nachts, wenn ich müde von der Arbeit ins Bett gefallen bin, schlägt dann der Hund an, weil gerade ein Känguru durch den Garten hüpft oder ein Opossum im Weinstock die Beeren stibitzt.

Es tut gut, nach so langer Zeit Rastlosigkeit ein Plätzchen zu haben, wo ich mich zuhause fühlen kann für eine Weile. Und das tu ich hier. Ich brauch mal nicht jeden Tag im Rucksack rumzuwühlen, sondern hab alles schön in ein Regal gestapelt und brauche nur zuzugreifen.

Ich bin heute alleine auf der Farm und habe mir soeben frei genommen. Allerdings mit ruhigem Gewissen. Der Küchenboden ist frisch geschruppt, die Teppiche geklopft, die Wäsche gebügelt, alle Spinnen rausgeworfen, das Geflügel gefüttert, getränkt und glücklich und die Ziege hat ein neues Gemüsebeet bekommen, dass sie auffressen darf. Ich sitze auf der Terrasse unter kühlen, schattenspendenden Weinreben (die sind übrigens bald reif) und pflege die Blasen an meinen Händen. Rechts und links von mir schnarcht jeweils ein Hund. Leider kann ich mich nicht in den Garten legen, weil die Hunde sonst andauernd Stöcke und Bälle anschleppen und da ich ihnen einfach nicht widerstehen kann, spiele ich mit ihnen, statt die Zeit mit sinnvolleren und weniger anstrengenden Tätigkeiten zu vertrödeln (z. B. Briefe schreiben).

Morgen fahre ich in die Stadt nach Launceston zum Einkaufen. Und wenn ich schon dort bin, muss ich unbedingt eine Parkanlage oder was auch immer besuchen. Die einzige Sehenswürdigkeit Launcestons. Meine Gastgeber bestehen darauf, also tu ich ihnen halt den Gefallen. Übrigens wird hier am Wochenende auch die Uhr umgestellt Aber frag mich nicht, wieviel Zeitverschiebung wir dann haben werden – mehr oder weniger? Ach ja, noch etwas: in welcher Richtung läuft denn das Wasser zuhause ab? Mit oder gegen den Uhrzeigersinn? Meine bisherigen Tests hier ergeben kein eindeutiges Ergebnis.

31.3.1997
Hillwood – Tasmanien

Vielen Dank für Euer Osterfax. Ich hoffe, Ihr habt wenigstens das eine Stück Kuchen oder das andere Osterei für mich mitgegessen. Ich habe am Ostersonntag natürlich auch gleich nachgesehen, ob mir der Osterhase was gebracht hat. Und stellt euch vor, er hat mir wirklich ein paar Eier gelegt. Das Blöde war nur, eine Henne hat sie zuerst gefunden. Sie wollte und wollte die Eier einfach nicht mehr hergeben. Mit einem Stock musste ich sie bei entrüstetem Gegackere förmlich vom Nest runterrollen. Dabei hat sie so ein beleidigtes Gesicht gemacht, dass ich ihr am Ende vor lauter Lachen die Eier gelassen habe. So bin ich also um meine Ostereier betrogen worden.

Zurzeit bin ich alleine auf der kleinen Farm und kümmere mich um Haus und Vieh. Viel gibt es nicht zu tun. Die Hunde bewegen, ein bisschen sauber machen und bügeln (hab mal meinen Schlafsack, meine ganzen Sachen und die Rucksäcke gründlich gewaschen). Ansonsten gehe ich ein wenig auf Fotosafari oder zum Einkaufen oder mal Brombeeren pflücken. Das war es dann auch schon. Dann sitze ich unter dem Weinstock (nasche ab und zu ein paar köstliche Trauben) oder in der Sonne und schreibe und lese. Am Abend mache ich mir ein Feuer im Kamin und schmuse mit der Katze. Herrlich friedlich ist es hier.

Letztens waren wir übrigens mal in einem Park, wo es Tasmanische Teufel, Wombats, Koalas und alles Mögliche australische Getier gibt. Zum Streicheln.

Das Wetter ist meistens sonnig und warm mit einem ständigen Wind. Ab und zu regnet es ein paar Stunden und jeder freut sich, weil es schon so lange nicht mehr geregnet hat. Danach kommt immer die Sonne wieder raus und es bilden sich wunderschöne Regenbögen. Das richtige Licht zum Fotografieren.

Nächste Woche ist es vorbei mit dem Urlaub auf dem Bauernhof. Da fliege ich zurück nach Sydney, hole die Post im GPO ab und fahre gleich weiter nach Brisbane, wo ich mich mit meiner Freundin aus Deutschland treffe. Sie bringt das Zelt mit und dann geht es endlich mal los mit der eigentlichen Reise durch Australien. Außer Tasmanien und Sydney habe ich noch gar nicht viel gesehen.

Jetzt muss ich noch nach meiner Wäsche schauen, bevor der nächste Regenschauer kommt.

P. S.: Die Osterhasen heißen hier übrigens „Easterbilbi“. Eine Aktion zum Schutz der bedrohten Bilbies.

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